Dämmerungsschauen

(siehe auch das Postscriptum am Ende des Artikels)

In den (sehr) frühen Morgenstunden von 12.06. und 13.06. konnte ich erfolgreich die planetarischen Nebel M 1-33 und Sa 4-1 visuell beobachten. Der ein oder andere Leser wird sich gedacht haben: „Moment. Östlich von Hamburg und anderthalb Wochen vor Sommersonnenwende? Und dann visueller Deep Sky? Das soll gehen?“. Daher möchte ich ein paar Zeilen zu den Bedingungen dieser beiden Beobachtungen schreiben.

Schon in Wetzlar habe ich den Juni als Sommerpause benutzt, da die Nächte einen aufgehellten Himmel hatten. Die Sonne ging zwar noch unter, doch es blieb ein Dämmerungsrest. Deep Sky war schon möglich, wie sich 1999 am Projekt Leier zeigte. Die Beobachtungszeit lag dann allerdings tief in der Nacht, was mit meinem Berufsleben später nicht gut koordinierbar war.

Und im östlichen Hamburger Umland verschärfte sich das erheblich!

Während der Beobachtung von M1-33 stand die Sonne gerade mal 13,5 Grad unter dem Nordhorizont. Dabei beobachtete ich schon zur Mitternacht Ortszeit, also bei tiefstem Sonnenstand. Zur Erinnerung: die nautische Dämmerung beginnt bei einem Sonnenstand von -12 Grad, die astronomische bei -18 Grad.

Dementsprechend ist der Himmel deutlich aufgehellt. Am Nordhorizont ist ein klarer Dämmerungsstreifen zu sehen und überhaupt fällt es aufgrund der Helligkeit leicht, die ganze Ausrüstung auf dem Balkon zu erkennen.

Allerdings habe ich vor Jahren schon einen stellaren PN bei nahezu Vollmond beobachtet: M 1-14 im März 2011. Daher reizte mich schon länger der Versuch, eine solche Beobachtung bei Mittsommerdämmerung durchzuführen.

Die beiden erfolgreichen Beobachtungen sind noch aus einem anderen Grund interessant: Die Dämmerung ist im Zenit heller als über dem Südhorizont. Die Erfolgschancen bei M 1-33 hatte ich mir also höher ausgerechnet als bei Sa 4-1. Doch auch bei diesem, der im Zenit stand, gelang die Sichtung.

In beiden Nächten habe ich es versäumt, die teleskopische Grenzgröße zu bestimmen. Wahrscheinlich auch, weil ich das sowieso fast nie mache. Die Nachbereitung der Beobachtung am Computer zeigte jedoch Sternhelligkeiten in der ersten Nacht von schwächer als 12m5, in der zweiten Nacht sogar im Bereich 13m3. Rechnerisch besitzen die schwächsten für mich mit dem 10“er erreichbaren Sterne eine Helligkeit von 13m8. Die Leistungsfähigkeit in den beiden Dämmerungsnächten ist also sehr erfreulich.

Dinge am Rande:

Die Zenitbeobachtung mit dem Dobson hat eine Besonderheit: Das Teleskop dreht sich um seine senkrechte Achse. In der Folge bewegt sich der Beobachter um das senkrecht stehende Teleskop. Ich musste also mit meine Stuhl gleichsam um das Teleskop hüpfen. Außerdem ergibt sich eine erhebliche Bilddrehung, die verwirren kann, weil man die Sternkarten immer wieder anders halten muss. „Der helle Stern links am Bildrand“ steht beim nächsten Blick beispielsweise links unten. Das ist natürlich machbar und mit Übung auch kein Problem. Aber doch ein wenig seltsam.

Etwas nervig empfand ich die zahllosen Satelliten, die mir durch das weniger als 1 Grad durchmessende Sternfeld eierten. Das ist an der Grenze zum Unerträglichen. Aber was erwartet man schon, wenn Mitmenschen ganze Autos aus Jux und Dollerei in die Umlaufbahn schießen.

Zu den Satelliten folgt noch ein eigener Artikel.

Festzustellen bleibt:

Es gibt zahlreiche lohnende Objekte, die östlich von Hamburg auch in den Dämmerungsnächten um die Sommersonnenwende visuell machbar sind. Gerade für die zahlreichen kleinen oder nahezu stellaren Planetarischen Nebel in Richtung Milchstraßenzentrum ist dies gut, denn diese sind in den noch recht hellen Juli-Nächten günstig über dem Horizont zu finden. Am 10. Juli liegt der Vollmond bereits eine Woche zurück und die Sonne steht um 0:00 MESZ tiefer als 12 Grad unter dem Horizont. Das Milchstraßenband steht zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Kulmination.

Die „hellen Sommernächte“ kann ich insgesamt so ausnutzen:

  • Visuelle PN-Beobachtung
  • Spektroskopie
  • Fotografie mit Schmalband-Filter

Natürlich sind auch noch Mond, Planeten und Doppelsterne denkbar, wobei ich letztere noch nie wirklich beobachtet habe. Das kommt vielleicht noch.

Die Erfahrung lässt sich auch so zusammenfassen:

„Es gibt keinen schlechten Himmel – nur das falsche Objekt“.

PS: Jaja, ich weiß. Weder im Starkregen noch unter einer geschlossenen Wolkendecke lässt es sich Sternegucken. Insofern hat der Spruch seine Grenzen. Aber ich glaube, meine treuen Leser verstehen, was ich sagen will: (1) Es geht mehr als man denkt und (2) egal, wie aufgehellt oder diesig es ist: Mach‘ das Beste draus.

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