Eric Clapton, 01. Juni 2013, O2-World Hamburg

Da betitelt ein Spätsechziger sein aktuelles Album „Old Sock“ und geht auf Tournee. Dies erhöht nun schon die Spannung, da Künstler zuweilen im Alter etwas ruhiger werden. Das sei ihnen ja auch gegönnt, doch würde es hier auch der Fall sein? Jedenfalls hatten meine Frau und ich uns bereits im Oktober 2012 die Karten für das Konzert vom 01. Juni 2013 in der O2-World Hamburg gekauft. Die Gelegenheit, eine solche Legende live zu erleben und das an einem sicher planbaren Wochenendtermin, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Hier ein kleiner Bericht.

Die 02-World fasst in Konzertbestuhlung wohl etwa 12.000 Zuschauer. Neben Konzerten wird die Halle vorwiegend für Handballspiele genutzt. Das ist dem Gebäude deutlich anzumerken und so betrat ich es und dachte: bin ich in der Arena in Wetzlar oder was? Auf den zweiten Blick wurde klar, dass die unteren Ränge etwa 10 Reihen mehr umfassen – und es über einer Reihe Logen noch weitere große Ränge gibt. Es ist also doch das etwa dreifache Fassungsvermögen. Abgesehen von den ziemlich ausgeleiert vor sich hin knarzenden Tribünen ist es eine schöne Halle für solch ein Konzert.

Pünktlich um 20h begann dieses dann auch … mit der Vorband „Andy Fairweather Low & the lowriders“. Die Band spielte auf sehr hohem Niveau und schien mit Spaß bei der Sache zu sein. Sie erreichten auch weite Teile des Publikums. Bekanntester Hit von Fairweather Low dürfte „(If Paradise Is) Half As Nice“ sein, der dementsprechend gestern nicht fehlte. Ich fand bemerkenswert, mal wieder ein schönes Saxophon auf der Bühne zu hören … und staunte nicht schlecht als ein ganz alter Instrumentalschinken meine Ohrmuscheln erreichte. Wenn ich mich nicht täusche, war es Apache.

Um 21h ging es dann nach zügiger Umbaupause, in der ein ganzer Schwarm Roadies auf der Bühne werkelte, mit der Hauptband los. In weiten Teilen ist die Band bereits seit Jahren eingespielt: Chris Stainton drückt die Tasten, Doyle Bramhall II greift in seiner eigenen Art in die Saiten und Willie Weeks legt das Bassfundament. Sharon White und Michelle John bilden den weiblichen Gesangsteil. Ergänzt wurde die Band noch durch den Multiinstrumentalisten Greg Leisz an Mandoline und Slide-Gitarre sowie Paul Carrack (Mike & the mechanics) an der Hammond. Am Schlagzeug arbeitet zuverlässig und ausgebufft Steve Jordan.

Clapton bewegt sich sehr lässig, fast gelangweilt auf der Bühne. Aber er hat ja nun auch Stimme und Gitarre, um das Publikum umzuhauen, da muss er nicht den Hampelmann geben. Spätestens im dritten Lied „Tell the truth“ (Derek and the dominos) wurde auch der Letzte im Publikum mitgerissen.

Ob Blues von Robert Johnson („Love in Vain“) oder Rock-Musik wie „Badge“ (Cream): Mr. Slowhand Clapton führte uns durch einen kurzweiligen und musikalisch abwechslungsreichen Abend. Natürlich durften Anklänge zum „Unplugged“ nicht fehlen, immerhin hat Clapton diesen Konzertteil, der heute bei sehr vielen Künstlern anzutreffen ist, salonfähig gemacht. Und so durfte auch ein „Nobody Knows You When You’re Down and Out“ nicht fehlen. Für mich war es insofern etwas Besonderes als ich den Song zum ersten Mal live Anfang der 2000er in einem Irish Pub auf der Hamburger Reeperbahn gehört hatte, gespielt von Dara McNamara. Irgendwie passend, ihn nun vom Meister selbst zu hören und wiederum in Hamburg.

Ja, „Layla“ spielte er auch. Mir persönlich gefiel die gestrige Version ausnehmend gut – sie ist irgendwo zwischen unplugged und Rock angesiedelt und verpasste dem Klassiker so ein neues Gewand. Am ehesten erinnerte mich die Version noch an eine Duettfassung, die Clapton an der Akustikgitarre mal zusammen mit Mark Knopfler an der E-Gitarre zum besten gegeben hatte.

Das Konzert hatte einige Höhepunkte, beispielsweise „Cocaine“ und „Crossroads“. Ein weiterer war die erste von zwei Zugaben: „Sunshine of your love“. Spätestens hier hielt es keinen der Zuschauer mehr auf den Sitzen! Mit der Nummer „High time we went“, die ich eher mit Joe Cocker verbinde, endete der Abend dann nach kurz nach 23h. Für mich war die Zeit im Nu verflogen, das Konzert war äußerst kurzweilig und als Freizeitgitarrist hing ich natürlich auch den Noten, die Clapton spielte. Doch auch die anderen Musiker seien hier noch mal lobend erwähnt.

Arenen dieser Größe sind klangtechnisch eher dem Bereich „Katakombe“ oder „Tiefgarage“ zuzuordnen, doch hier leistete das Team sehr gute Arbeit. Knopfler hat zwar einen nochmals deutlich besseren Klang, trotzdem war es ein sehr hohes Niveau. Ebenfalls sehr gelungenen war die Beleuchtungsanlage, wie auf dem von Nina aufgenommenen Handy-Bild ganz gut zu sehen ist. Sehr geschmackvoll und die Musik unterstützend – so soll das sein.

Ebenfalls praktisch waren die beiden Leinwände, auf denen die Musiker noch in verschiedenen Kameraperspektiven zu sehen waren. Leider schaltete der Bildregisseur nicht immer auf die richtige Kamera, weil er offensichtlich nicht den richtigen Musiker als Solisten identifizierte. Es sei ihm verziehen.

Das war nun der zweite Ausnahmegitarrist, den ich in diesem Jahr bewundern durfte. Der andere, Joe Bonamassa, muss sich im Vergleich nicht hinter Eric Clapton verstecken. Das beruhigt insofern, da Clapton angedeutet hat, in Bälde live kürzer zu treten. Es ist gut zu wissen, dass es fulminanten Nachwuchs gibt.

Einige Anmerkungen zum Publikum:

  • ich hatte mit meinen 40 Jahren den Eindruck, den Altersschnitt zu drücken, was auch an den Konzertpreisen gelegen haben kann,
  • da waren doch viele ziemlich durstig, wodurch ein dauerhaftes Gewusel entstand,
  • der Anteil von Zuschauern, die wegen der Musik kommen, sinkt bei dieser Konzertgröße schon sehr stark ab.

Fazit

Ein sehr gelungener Abend mit einer sehr druckvollen und gut aufgelegten Band, angeführt von einem großartigen Musiker. Und um im Bild zu bleiben: diese Alte Socke qualmt noch mächtig 🙂

PS: im Merchandise-Bereich sind uns übrigens keine Alten Socken aufgefallen 🙂

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2 Antworten zu Eric Clapton, 01. Juni 2013, O2-World Hamburg

  1. Manfred sagt:

    Deine Beschreibung habe ich sehr genossen. Schön das es euch gefallen hat.

    • Frank sagt:

      Moin Manfred!
      Freut mich, dass der Bericht Freude bereitet hat 🙂 Es ist immer wieder stark, solche Ausnahmemusiker direkt zu erleben. Jetzt fehlt mir insbesondere noch David Gilmour …
      Tschüss, Frank

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