Allmählich finde ich die Zeit, mich genauer mit der norddeutschen Astro-Szene zu befassen. Das ist gar nicht so einfach, denn die Auswahl an Aktivitäten ist wirklich groß. Im näheren Bereich gibt es mehrere Volkssternwarten und Beobachtergruppen, die auch allesamt ein reges Astronomieleben führen.
Zu den wichtigen Veranstaltungen gehört das NAFT, das norddeutsche Astrofotografentreffen, das im Frühjahr und Herbst eines Jahres an wechselnden Orten stattfindet. Am 03.11. war die Volkssternwarte Neumünster Gastgeber. Im Bild ist die Kuppel der Sternwarte zu sehen.
Um es gleich vorweg zu sagen: alle Vorträge waren sehr gut. Die durchgängig hohe Qualität der Astrofotos ist wirklich beeindruckend. Es fällt schwer, alles wiederzugeben, was zu sehen und zu hören war. Daher greife ich an dieser Stelle jene Vorträge heraus, die für mich persönlich etwas Besonderes boten.
Zunächst hatte Marco Ludwig für die Gastgeber das Wort und berichtete vom Sternwartenumbau in Neumünster. Es ist beeindruckend, was hier zu Stande gebracht wurde: im ersten Schritt wurden die Räumlichkeiten komplett modernisiert. Hierzu wurden die Räume im Dachgeschoss eines Gebäudes praktisch vollständig in den Rohzustand versetzt und neu aufgebaut. Im zweiten Schritt gelang es, ein 19-Zoll Teleskop von der Sternwarte Lübeck zu übernehmen. Dieses wurde ohne große technische Hilfsmittel bis in die Kuppel des Gebäudes gebracht. Da einzelne Teile durchaus mal 200 kg auf die Waage brachten, war dies mit Sicherheit mühsam – und nicht ganz ungefährlich, wie ich mir auf der engen Treppe hinauf in die Sternwarte so dachte. Das Bild rechts zeigt das schwarze Teleskop in einer schwarzen Kuppel im Gegenlicht. Aus Gründen der Höflichkeit habe ich auf den Blitz verzichtet …
Als nächstes präsentierte Bruno Mattern Bilder von der Sternwartenerweiterung am geheimen Ort „in der Lüneburger Heide“. Dieser Einleitung ließ er aktuelle Ergebnisse folgen und die waren äußerst beeindruckend. Faszinierend daran fand ich, dass durchweg DSLRs zum Einsatz kamen, also keine gekühlten Hochleistungs-CCD-Kameras. Weiterhin beeindruckend sind die Belichtungszeiten, die in der Regel bei mehreren Stunden liegen. Daraus lerne ich, dass ich die Belichtungszeiten bei meinen Aufnahmen noch deutlich ausdehnen sollte, jedenfalls bei einigen Objekten. Einen offenen Sternhaufen muss man ja nicht mit 8h ausbrennen …
Als dritten besonderen Vortrag (wie gesagt, alle bewegten sich auf beeindruckendem Niveau und waren kurzweilig!) möchte ich den von Bernd Schatzmann erwähnen. Wie einige andere auch befasste er sich mit dem Venustransit. Besonders war hier zum einen, dass Bernd Dias zeigte. Da ich aus der Stadt stamme, in der die Kleinbildfotografie erfunden wurde, bedeutet mir das natürlich besonders viel. Bernd hat viele Astrojahre auf dem Buckel. Daher konnte er die Begegnung von Venus und Plejaden am 04. April in den Jahren 2012, 2004, 1996 und 1980 präsentieren und somit den Uhrwerkcharakter der Planetenbewegung demonstrieren. Absoluter Höhepunkt jedoch war, dass die eigentlichen Transitbilder von Livemusik zweier Gitarren untermalt wurden. Genial, zumindest aus Sicht von Asterythms!
Es gäbe noch so viel zu erwähnen:
- Uwe Freitags stimmungsvolle Polarlichtaufnahmen
- Sternfreund Pagendorf aus Barsbüttel konstruiert eine Montierung, die mit Hilfe eines selbstgeschriebenen Programmes exakt eingenordet werden kann,
- aus dem Bremer Umland bewies C. Reese, dass auch im Nordwesten viele Stunden Belichtungszeit machbar sind und dazu keine feste Sternwarte vorhanden sein muss,
- mit Hilfe von Echtzeit-Bildbearbeitung mit diversen Programmen während eines Vortrags bot H. Lüthen einen Vergleich der Möglichkeiten, die diese Programme bieten.
- usw.
Ein Fazit für mich ist, dass die Astrofotografie nicht in erste Linie durch hohen Materialeinsatz gewinnt. Zeit ist ein ganz entscheidender Faktor – und der ist leider ebenfalls sehr begrenzend.
Die Veranstaltung war sehr gut organisiert. Es gab ein sehr gutes Catering zu günstigen Preisen und obwohl das Programm „im Fluge“ in Form einer Worddatei (die dann auch noch dank eines Rechnerabsturzes verloren ging …) entstand, verlief der Tag kurzweilig und mit ausreichenden Pausen zum Klönen.
Die Stimmung war durchweg ausgezeichnet und so gab es einige Lacher am Rande:
- ein Fernsehbericht vom Schlewsig-Holstein-Magazin über den Venustransit, bei dem „Venus als gelber Punkt vor der Sonne“ zu sehen gewesen sein soll;
- die gegenseitige Bescherung der Sternwarten Neumünster und Lübeck und dabei insbesondere
- der allzeit bereite Goldene Henkel
Gefreut hat mich die hohe Besucherzahl. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an die Organisatoren und Referenten, die einen kurzweiligen Tag bescherten.