Licht ist fantastisch. Und Lichtinstallationen können Kunst sein. Gefahrenstellen können durch Licht entschärft werden, gerade jetzt in der “dunklen Jahreszeit”. Doch seit 25 Jahren wissen wir auch: Es kann zu viel werden und gefährliche Konsequenzen haben. Handeln wir entsprechend?
Licht ist fantastisch, ich wiederhole es nochmal gerne.
Nicht nur die wenigen Photonen, die von einer zig Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie stammen, nach langer Reise auf meine Netzhaut treffen und die Zellen so weit reizen, dass ich die Galaxie wahrnehmen kann.
Schon in mehr als einem Konzert der Populärmusik hat mich die Lichtgestaltung begeistert. Sie kann die Musik unterstützen und ihre Wirkung vertiefen.
Und keine Frage: Im letzten Winter habe ich meinem Arbeitszimmer eine Tageslichtlampe installiert. Das wirkte in den dunklen Monaten stimmungsaufhellend. Die 20- und 40-Wattbirnen meiner Kindheit hatten definitiv die entgegengesetzte Wirkung auf mich.
In den 1990er Jahren begannen sich Astronomen zu fragen: Welche Effekt hat denn das nächtliche Licht auf Mensch und Natur? Kann es auch des Guten zu viel sein? Grund war zunächst, dass die damals schon zunehmende nächtliche Beleuchtung es immer schwerer machte, nachts den Sternenhimmel überhaupt sehen zu können.
Ein damals berühmtes Beispiel waren die so genannten Skybeamer, die eine Zeitlang die Attraktion jeder Discothek und sogar größeren Party wurden. Doch sie hatten Auswirkung auf die Tierwelt: Ganze Schwärme von Zugvögeln wurden durch die Skybeamer verleitet, ihren Zug zu unterbrechen. Was zunächst harmlos klingen mag, war für die Tiere bitter. Durch den unerwarteten Energieaufwand konnte es passieren, dass sie ihr geplantes Ziel nicht mehr erreichen konnten. Man muss sich klarmachen, dass dies eine Störung der Nahrungskette am Zielort darstellt.
Doch damit nicht genug.
Auch auf die Welt der Insekten hat die nächtliche Beleuchtung einen Einfluss. An hellen Flächen verenden sie schlicht und ergreifend. Was so harmlos klingt (oder zum Teil erwünscht: “Dann können sie mich auch nicht mehr stechen”) ist wieder ein Eingriff in die Nahrungskette. Ohne Insekten keine Befruchtung von Pflanzen und damit auch keine Nahrungsmittel für uns Menschen.
Man kann sagen: In den letzten 25 Jahren haben wir viel gelernt.
Doch haben wir auch die Konsequenzen daraus gezogen?
Die Skybeamer sind weitgehend verschwunden. Zum einen gab es tatsächlich lokale Betriebsverbote in der Vogelzugzeit. Zum anderen gingen sie wahrscheinlich aus der Mode.
Im Rahmen meiner Doktorarbeit in Halbleiterphysik forschten wir an Materialien, mit denen wir blaues und letztlich auch weißes Licht erzeugen wollten. Wir alle wissen um den Siegeszug der weißen Leuchtdiode. Überall ist sie anzutreffen. Selbst in der eingangs erwähnten Tageslichtlampe.
Womit wir Physiker nicht gerechnet haben, sind die Marktmechanismen. Wie immer werden bahnbrechende Erfindungen nicht nur sinnvoll eingesetzt.
Hier zwei Beispiele:
- Ich lebe in einer Kleinstadt östlich von Hamburg. Auf meinem Weg zur Arbeit fahre ich durch winzige Ortschaften mit einer Handvoll Häusern, die schön im Feld gelegen sind. In den letzten Jahre beobachte ich eine zunehmende Zahl von Häusern, deren Fassaden nachts grell beleuchtet sind. Das extremste Beispiel einer Fassadenbeleuchtung zeigt das Titelbild dieses Beitrags. Diese Beleuchtung erhellt sogar die Straße, an der das Haus gelegen ist..
- Im Nachbargarten meines Wohnhauses steht eine private Lampe, die die ganze Nacht brennt – und heller ist als die Straßenlaternen im Wohngebiet.
Gerade hier im ländlichen Bereich ist eine intakte Insektenwelt für die Pflanzen wichtig. Umso schlimmer ist diese extreme nächtliche Lichtflut.
Die Frage ist: Was kann getan werden?
Natürlich ist Aufklärungsarbeit eine Möglichkeit. Doch sie muss ansetzen, bevor Leute für teures Geld Beleuchtungseinrichtungen installieren. Sobald sie installiert sind, ist es zu spät.
Ein wichtiges Beispiel aus der Aufklärungsarbeit ist das Thema “Sicherheit”. Menschen fühlen sich auf einem stark beleuchteten Bürgersteig oder Fußweg sicherer. Allerdings trügt die Sicherheit: Bei starker Ausleuchtung befindet sich die Person auf dem Präsentierteller für Ganoven, die im Dunklen bleiben. Allerdings ist die Person selbst geblendet und kann Nichts erkennen, das sich außerhalb des Lichts befindet.
Daher bitte nicht falsch verstehen: Es geht mir mit dem Ruf “Licht aus!” und bei “Lichtverschmutzung” nicht darum, Sicherheit zu vernachlässigen. Doch um diese zu gewährleisten, muss es nicht von Jahr zu Jahr nachts heller und heller werden. Eine ausgeleuchtete Ecke wird nicht sicherer, indem sie statt “hell” nun “gleißend hell” beleuchtet ist.
Es geht um den bewussten, zielgerichteten Einsatz von nächtlicher Außenbeleuchtung.
Letztlich muss es Verordnungen auf höherer Ebene geben.
Versuche hierzu waren in Schleswig-Holstein leider nicht wirklich erfolgreich. Es gab eine Petition an den Landtag, die ich mit-unterzeichnet habe.
Das Landesparlament hat sich dann mit der Frage befasst – und beschlossen, die Entscheidung über Lichtbeschränkungen auf die kommunale Ebene zu delegieren. Also wieder lokale Lauferei und Flickenteppich.
Ich muss feststellen: Zwar brachten die letzten 25 Jahre Erfolge. Insgesamt hat sich die Lage jedoch verschlechtert.
Aufgeben ist nicht mein Ding. Ich habe einige Ideen, die jedoch nicht so einfach umzusetzen sind.