Eine ganze Weile nun habe ich gar nichts mehr zu Musik geschrieben. Das ist dringend zu ändern, daher hier eine kurze Aufstellung von CDs, die mir momentan durch den Kopf gehen. Astronomie folgt in den nächsten Tagen, wenn ich die letzten Beobachtungsnächte aufgearbeitet habe.
Mark Knopfler: Get Lucky
Da ist natürlich zunächst mal die aktuelle Scheibe von Mark Knopfler. Die Dire-Straits-Tage sind nun wirklich endgültig gezählt, darüber muss sich im Klaren sein. Das muss auch nichts Schlechtes sein. Man muss nicht jedes Pferd solange reiten bis es tot ist. Schöne Grüße an Ian Anderson, ähem.
Was beim ersten Anhören auffällt: da ist wieder mehr Tempovariation drin als zuletzt. Das ist gut. Auch stilistisch ist die Bandbreite weiter, denn “Can’t beat the house” könnte auch von BB King sein, während “Piper to the end” auf dem Soundtrack zum Film “A Shot at Glory” gut gepasst hätte. Ein Hauch von Dire Straits kommt dann bei “Cleaning my gun” auf – man meint, der Sänger und Leadgitarrist besagter Band würde hier mitspielen 🙂
Insgesamt will Mr. Knopfler, der ältere, offensichtlich nur noch als Songwriter und Sänger wahrgenommen werde. Es ist eigentlich kaum zu glauben, dass dies noch derselbe Mensch sein soll, der 13 Minuten “Sultans of Swing” gespielt hat und dabei mit seiner Solo-Gitarre den Song vorangetrieben hat. Von Songs wie “Telegraph Road” oder gar “Private Investigation” ganz zu schweigen.
Mich persönlich stört es etwas, dass die Gitarrensoli viel zu zurückhaltend daherkommen. Hier begnügt sich ein Picasso damit, Wände einfarbig zu streichen.
Andererseits: ein Song wie “So far from the Clyde” über die Anlandung und Abwrackung eines Schiffes ist extrem atmosphärisch, absolut auf den Punkt und damit sicherlich die Topliga des Songwritings. Jede Note ist da exakt an dem Ort, an den sie gehört. Gleiches gilt auch für “Before Gas and TV”.
Die Scheibe ist extrem sauber produziert, was natürlich auch an dem exzellenten Studio liegt.
Die Vermarktung der CD ist eine Frechheit, denn derzeit tauchen in allen möglichen Verkaufskanälen Bonussongs auf. Zum Teil ist das dann auf Länder beschränkt. Also, mit sowas leistet man illegalen Machenschaften Vorschub. Ich bin Musikliebhaber und möchte als solcher Songs auf Tonträgern kaufen – und nicht irgendwelchen MP3-Kram runterladen, oder gar Dateien, an denen mir die Rechte beim Kauf des nächsten Computers verloren gehen.
Ich schweife ab 🙂
Fazit: ein stimmiges Album, kommt für mich hinter “Sailing to Philadelphia” und “All the Roadrunning”. Für Leute, die Dire Straits erwarten: bitte Vorsicht! Ansonsten eine echte Empfehlung.
David Knopfler: The giver
Wenden wir uns mal Knopfler, dem Jüngeren, zu. David Knopfler heißt der Gute mit vollem Namen und verdient sich nach seinem frühen Ausstieg aus oben genannter Band schon lange als Solokünstler seine Brötchen. An dieser Stelle möchte ich auf seine Scheibe “The Giver” von 1993 hinweisen. Die Kernbesetzung sind 4 Musiker, die allesamt ihr Fach sehr gut beherrschen. Die Songs weisen eine hohe Dynamik auf, starten meist mit akustischen Instrumenten, um dann hier und da eine fulminate Steigerung zu erleben. Ein gutes Beispiel ist das 7-minütige “Domino”, welches mit einem genialen Gitarrensolo endet. Dieses Stück hätte den Dire Straits extrem gut zu Gesicht gestanden.
Zum Klang muss man nicht viel sagen: absolut sauber produziert, bei sicherlich deutlich kleinerem Budget. Die Linernotes sprechen von einem improvisierten Studio und unübersichtlichen Sessions – das merkt man nicht. Aber vielleicht kommen da der Spielwitz und die spürbare Freude her 🙂
Fazit: eine echte Empfehlung, die Scheibe. Für mich die beste Scheibe von D. Knopfler.
Max Lässer
Max Lässer ist ein schweizer Gitarrist. Meist greift er zur Slide-Gitarre und ist hier sehr virtuos unterwegs. Der ein oder andere mag sein Namen von seiner Arbeit für Vollenweider oder Hubert von Goisern kennen. Eher zufällig stolperte ich am 01. August in einen Konzertmitschnitt seines “Überlandorchesters”. In der Folge bestellte ich (direkt beim Künstler!) einige CDs/DVDs. Ich habe es nicht bereut. Die Mischung mag nicht jedermanns Sache sein, ich finde sie jedoch extrem spannend. Traditionelle Instrumente wie Maultrommel, Hackbrett und Akkordeon und alpenländische Volksmusik werden hier mit E-Gitarrenklängen und Blues/Jazz/Rock gemixt. Es gibt auch einige seltene Anleihen bei Knopfler, dem Älteren, als er noch jünger war.
Es werden abwechslungsreiche Klangteppiche gewebt, wird mit ungewohnten Klangfarben gearbeitet, wird der Zuhörer immer wieder von neuen Wendungen überrascht. Und doch wird es alles wunderbar zusammengehalten und hat einen roten Faden.
Fazit: Für mich eine echte Entdeckung und als Musiker inspirierend!