Am 15. Januar ergab sich für mich die erste Gelegenheit des Jahres 2009, eine Sternbedeckung durch einen Kleinplaneten zu beobachten. Da dieses Thema hier neu ist, möchte ich es in diesem Beitrag ausführlicher vorstellen. Immerhin erlaubt diese Art Beobachtung im günstigsten Fall, zur Profilbestimmung eines Kleinplaneten beizutragen.
“(639) Latona am 15.01.2009, Ende: 22:12 MEZ; Ergebnis negativ” spreche ich in das Mikrophon meines Diktiergeräts, stoppe es und entspanne mich zum ersten Mal seit etwa 10 Minuten. Obwohl kein Wind geht und es fast 20 Grad wärmer ist als vor einer Woche, kriecht die Kälte nahe dem Gefrierpunkt heute in mich hinein. Es wird sich doch wohl nicht die Grippe bemerkbar machen? (Anm. d. Red.: doch!) Ich sitze daher dick in einer Daunenjacke eingepackt und mit mehreren Hosen bekleidet auf meinem Beobachtungsbalkon. Der Stuhl ist mit einem Fell ausgekleidet, so dass es im Steißbeinbereich schön warm bleibt. Man wird eben nicht jünger und weiß solche Annehmlichkeiten zu schätzen. Ich schlage das Tuch zurück, unter das ich meinen Kopf gesteckt hatte, um Streulicht abzuschirmen. Und ich erlöse die Nachbarschaft vom nervigen Piezogepiepse meines Zeitzeichengebers. Es war die erste Sternbedeckung durch einen Kleinplaneten, die ich in 2009 versucht habe. Das Ergebnis ist negativ und das bedeutet, ich konnte einen Stern über einen Zeitraum von gut 10 Minuten ohne Unterbrechung sehen. Bleibt zu hoffen, dass ein anderer Beobachter mehr Erfolg hatte.
Was habe ich eigentlich versucht zu sehen? Die Grundidee ist schnell erklärt. Mit Teleskopen sind nahezu 500 Millionen Sterne unserer Milchstraße am Nachthimmel sichtbar. Nimmt man nur die helleren, bleiben immer noch einige Zig Millionen. Als weitere Zutat benötigen wir einen so genannten Kleinplaneten. Von diesen sind einige Zehntausend so gut bekannt, dass man deren Position vorausberechnen kann. Anhand der großen Zahlen wird bereits deutlich: es ist gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass ich als Beobachter auf der Erde stehe und sich just in diesem Moment ein Kleinplaneten derart über den Himmel schiebt, dass er für mich den Blick auf einen Stern versperrt. Vorausgesetzt, der Kleinplanet ist lichtschwächer, sehe ich nur noch sein Licht – der Stern geht für mich aus.
Soweit die Theorie. In der Praxis besteht die Kunst darin, das geeignete Paar aus Stern und Kleinplaneten sowie den Pfad der Finsternis – also den Bereich auf der Erde, für den der Kleinplanet die Sicht zum Stern versperrt – zu finden. Letztlich muss man für einen Zeitraum die Bahnbewegungen vieler Kleinplaneten vorausberechnen und zu jedem Zeitpunkt mit Sternpositionen vergleichen.
Für den Otto-Normalbeobachter ist die Rechnerei nix. Der greift besser auf die Arbeitsergebnisse derjenigen zurück, die wissen, was sie tun. In Falle der Sternbedeckungen ist dies die “International Occultation Timing Association”, kurz IOTA, welche eine europäische Gruppe besitzt, die “European Section”. Sie betreibt den Call-for-Observation-Blog (call4obs.iota-es.de) mit Vorhersagen solcher Ereignisse.
Von dieser Website erfährt der interessierte Beobachter also, wann er wohin zu gucken hat. Damit steht dem Erfolg nur die Unsicherheit der Prognosen und des Wetters entgegen. Die Prognosen sind heute schon viel besser als noch Mitte der Neunziger Jahre, als ich mit dem Beobachten dieser Ereignisse begann. Trotzdem muss ich die Erwartung etwas reduzieren: selbst wenn der Schattenpfad exakt über den Standort des Beobachters laufend vorhergesagt ist, bedeutet das noch längst nicht, dass er es auch wirklich tun wird. Daher ist auch heute noch eine möglichst hohe Zahl an Beobachtern auch außerhalb des Schattenpfades dringend erwünscht. Im Idealfall entsteht ein engmaschiges Beobachternetz, welches den Schatten dingfest machen kann.
Und zum Wetter sag’ ich jetzt einfach mal nix.
Wie beobachte ich nun? Meine persönliche Ausrüstung besteht aus einem Teleskop, einem Zeitzeichengeber und einem Bandgerät. Das ist zwar längst nicht mehr “State-of-the-Art”, reicht aber für den Gelegenheitsbeobachter noch lange aus. Das Teleskop wähle ich je nach Stern und Rahmenbedingungen. Meist lohnt es sich nicht, meinen 16-Zoll-Dobson zu holen und ich benutze ein motorisiertes C8. Das spart auch das in diesem Falle etwas lästige Nachführen. Der Zeitzeichengeber gibt jede Sekunde einen Piepston von sich. In der Dauer der Töne ist die Funkzeit codiert. Das Gepiepse wird mit dem Bandgerät aufgenommen, so dass auf diesem nachher ein mit den Braunschweiger Atomuhren synchronisiertes Zeitsignal aufgenommen ist. Und zwischen den Piepstönen finden sich dann Kommentare wie “boah, ist das kalt” oder das leise Klonk eines heruntergefallenen Stifts. Oder das Rascheln der ausgedruckten Sternkarten, die vom Winde verweht werden. Oder “Stern verschwindet hinter Wolken”. Oft passiert gar nichts, denn der Stern bleibt hartnäckig gut sichtbar. Mit Glück verschwindet er jedoch und dann brülle ich “weg”. Sobald er wieder erscheint, folgt ein “da” – und das unter Umständen mehrmals, was jedoch bei Sternbedeckungen durch Kleinplaneten eher selten zu sein scheint.
Hat man Erfolg gehabt, muss man versuchen zu ergründen, welche persönliche Reaktionszeit wohl zwischen Verschwinden des Sterns und Kommando vergangen ist. Dies erfolgt am besten noch am gleichen Abend, um möglichst vergleichbare Bedingungen zu haben. Weiterhin folgt die Auswertung des Bandes. Doch hierzu in einem zweiten Teil mehr!
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