Teleskopbau, Teil 2: 40 cm Dobson

Der Ruf der Sterne war zu mächtig: Nach dem 20-cm-Dobson musste ein größeres Teleskop her, um noch tiefer in die Welt der Galaxien und Gasnebel vorzudringen. Über meinen studiumsbegleitenden Job in der Testabteilung eines Automobilzulieferers hatte ich mir ein Budget dafür erarbeitet. Und so baute ich den nächsten Dobson.

Das Budget und die Gewichts- sowie Maßtabellen ergaben: Ein 40cm-Spiegel mit etwa 2 Metern Brennweite konnte es werden.

Zunächst hatte ich sogar die Möglichkeit, ein Teleskop dieser Größe gebraucht zu kaufen. Sogar eines, das von Rafael Benner gebaut worden war. Er war schon damals ein hervorragender Teleskopbauer.

Also eine klare Sache.

Doch am Ende des Beobachtungsabends, den ich mit dem Teleskop machen durfte, stimmte etwas nicht. Es waren einige Kompromisse, insbesondere die Lage des Brennpunkts und damit Größe des Fangspiegels, die mir nicht gefielen. Das fühlte sich nicht nach mir an.
Zum Erstaunen in meinem Umfeld brachte ich das Teleskop also zurück und kaufte mir Bauteile: Hauptspiegel, Fangspiegel und Okularauszug.

Klar war: Wieder würde der Hauptspiegel auf neun Punkten gelagert werden. Eine Scheibe Roofmate (eine Art Styropor) würde den Spiegel in seiner Lage sichern. Birkenmultiplex-Holz für die Tubusbauteile und Alustangen für das Gitterrohr.

Beim Kauf des Birkenmultiplexes, dieses Mal in einem anderen Baustoffhandel, wurde ich erneut gefragt, wofür ich das Holz denn brauche. Wieder meine wahrheitsgemäße Antwort: Für ein Teleskop.

Die Reaktion des Verkäufers werde ich nicht vergessen. Grübelnd blickte er mich an und nach etwas Schweigen (gefühlt 2 Minuten lang) fragt er: “Aber sind die nicht eher so …” (Pause) “… rund?”

Und da hat er ja auch recht.

Im Baumarkt gibt es Stahl, mit denen Holzbalken verbunden werden können. Beispielsweise in Carports und ähnlichen Konstruktionen. Aus diesem sägte ich die Dreiecke für die Hauptspiegelfassung. Das war eine unglaubliche Plackerei und hat mich viel Zeit gekostet! Mit der Handsäge verteilte ich die Sägerei über mehrere Abende …

Für die Gleitlagerung brauchte ich wieder Teflon. Im Müll der Universitätswerkstatt fand ich zum Glück eine dicke Platte. Bis diese Gleitlager mal abgerieben sind, wird einige Zeit ins Land gehen. Vielleicht Jahrhunderte, wer weiß.

Der Schwerpunkt würde mich dieses Mal nicht mehr ärgern.

Im Rechner legte ich ein Berechnungsblatt an (damals in MathCad, das mein Bruder und ich als Lizenz hatten; heute würde es Excel sein). Nun konnte ich jedes Bauteil wiegen, den Wert in das Blatt eintragen und bekam die Lage des Schwerpunkts gezeigt. Wanderte er zu weit nach oben, musste ich das betreffende Bauteil leichter machen.

Und das gelang super!

Die Abweichung vom ursprünglichen Plan lag am Ende im Millimeterbereich.

Jetzt hatte ich aber konstruktiv noch ein Problem:

Der Hut, also die Fangspiegelzelle mit Okularauszug, hatte einen größeren Durchmesser als die Hauptspiegelzelle. Die Befestigungspunkte der Stangen würden am Hut weiter außen liegen als am unteren Punkt in der Hauptspiegelzelle. Die Kiste mit dem Hauptspiegel sollte nicht größer als 50 cm x 50 cm x 70 cm werden, denn sonst würde sie nicht vernünftig in mein damaliges Auto passen. Ich wollte nicht für jeden Beobachtungsabend den Rücksitz umlegen müssen. Die kompakte Hauptspiegelzelle führte übrigens dazu, dass ich mehr als einmal gefragt wurde, ob es sich denn um ein 14,5″-Dobson handele.

Mein Lösung für Stangenbefestigung und den sich aufweitenden Gitterrohrtubus war einfach: Sowohl am Hut also auch an der Hauptspiegelzelle würden die Stangen wie geplant paarweise geklemmt. Doch an beiden Enden des Stangen würden Kugel sitzen (es gibt Kugeln nach DIN-Norm mit Innengewinde, die beispielsweise an Handhebeln verwendet werden). Dadurch waren sie beweglich und die Aufweitung des Gitterrohrs war kein Problem mehr. Um das Teleskop montierbar zu machen, wurden die Stangen in der Hauptspiegelzelle noch einmal geführt.

Einige dieser Konstruktionsdetails zeigen zwei Bildkollagen.

Im linken oberen Bild dieser Kollage sind die Stangen des Gitterrohrs zu sehen. An ihrem Ende sind Kugeln angeordnet und am rechten Bildrand ist ihre schwarze Velourverkleidung zu sehen. Dass “nackte” Ende ragt in die Spiegelzelle. Probleme durch Reflexe habe ich nie feststellen können. Im Bild links unten ist der verschlossene Spiegelkasten zu sehen. Die Holzplatte ist aus Birkenmultiplex und mehr als 1 cm stark. Die hält einiges aus, der Spiegel ist daher gut geschützt. Das Bild rechts in der Kollage zeigt einen Teil des Hauptspiegels. In ihm sind Spiegelungen der Stangeführungen zu sehen. Er ist von einem festen Kunststoffschaum umgeben. Man kann ihn mit einem “heißen Draht” beschneiden. In der Tat habe ich dazu sein sehr scharfes und langes Messer benutzt – und nie einen negativen Effekt beobachten können. Auch Spiegeltester an diversen Teleskoptreffen ist nie etwas aufgefallen. Rechts oben im Bild ist eine der Stangenklemme zur paarweisen Klemmung der Stangen zu sehen.

Die drei Bilder dieser Kollage zeigen den Okularauszug, der an einer Aluminiumplatte angeschraubt ist. Im Bild darunter ist eine der hutseitigen Stangenklemmen zu sehen. Das rechte Bild zeigt einen Blick auf einen der Hutringe, der aus recht dickem Birkenmultiplex gefertigt ist. Die senkrechten Verbindungsplatten weisen Aussparungen auf, um das Gewicht zu reduzieren.

Ein Schlüsselmoment des Baus war als ich den Rohbau in der Garage meiner Eltern aufbaute. Meine Mutter sagte nur: “Das ist ja doch ziemlich groß”. Und mein Vater freute sich, dass sein Sohn es doch geschafft hatte, dieses optische Instrument auch ohne vorher vollständig erstellten detaillierten Bauplan hinzubekommen.

Seine tatkräftige Hilfe und seine Ideen waren beim Bau extrem wertvoll. Beispielsweise baute er Drehteile für die Stangen und sorgte auch beim gemeinsamen Zusammenbau der Stangen dafür, dass alle exakt gleichlang waren. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle.

Dieses Teleskop taufte ich “Little Dino” und habe bis heute unglaublich viel Freude daran (auch wenn er derzeit nicht zum Einsatz kommt).

Little Dino hat nie versagt sondern immer perfekt nach meinen Vorstellungen funktioniert. Und so konnte ich damit unglaublich viele Beobachtungen durchführen. Ich sah Galaxien, die damals noch keine Katalogbezeichnung hatten. Mehr also 100 Galaxien fand ich im Sternbild Leier.

Ich weiß nicht, wie viele Gäste durch das Teleskop blickten. Einige Hundert sind es auf jeden Fall. Es gab Beobachtungsnächte, in denen in der Warteschlange am Teleskop Gäste aus mehr als zwanzig (20!) Ländern standen, um durch das Teleskop zu blicken. Bis Slowenien bin ich mit diesem Teleskop gefahren, um dort Sternenfreunden einen Blick zu ermöglichen.

Fazit

Wieder konnte ich Gelerntes anwenden und sehr viel hinzulernen. Wieder erfüllte ich mir viele Träume. Extrembeobachtungen (ein Astronom fragte per Mail: “Hat der Spiegel wirklich 40 cm Durchmesser oder ist das eher der Radius?”), hunderte Gäste aus zahlreichen Ländern … es war richtig, nicht das gebrauchte Teleskop zu kaufen sondern den Eigenbau zu wagen. Mit diesem Teleskop besteht eine optimale Harmonie zwischen Instrument und Beobachter. Und das habe ich bei allen Einsätzen gemerkt.

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