Das ist ja ein Dingen: da bläst ein Vulkan auf Island ein wenig Asche in die Luft und schon stehen die Räder … naja, Flugzeugturbinen … still. Um solch gravierende Maßnahmen einzuleiten, muss es einen wirklich triftigen Grund geben. Ist es überhaupt sinnvoll, an einem solchen Tag beobachten zu gehen? Doch!
Offensichtlich lässt man im Flugverkehr außerordentlich hohe Sorfalt walten, was auf jeden Fall zu begrüßen ist. Eine Gefährdung durch Partikelbelastung muss aber noch nicht heißen, dass die Sicht auf den Himmel zu trübe ist. Außerdem findet freitags der Vereinsabend der Astro-AG, was ebenfalls ein guter Grund zum Rausfahren ist, denn regelmäßig versammeln sich so recht lustige Runden unter dem Himmel.
Auf der Fahrt zum Vereinsheim sank etwas die Stimmung. Die tiefliegenden Wolken lösten sich zwar sichtlich auf, doch war es unglaublich trübe. Die Sonne sank mit einem viel zu gelblichen Hof gen Horizont und konnte sich kaum einen Weg durch die ganzen Partikel bahnen. Vermutlich kamen hier Zirren und Pollenflug zusammen, vielleicht auch noch Asche, ich glaube es aber eigentlich nicht.
Rasch füllte sich das Vereinsheim, diesmal bis auf den letzten Stuhl. Und einige Vereinsmitglieder hatten sich sogar direkt für unseren normalen Standort angekündigt. Nach einem einstündigen Plausch ging es im Konvoi zum Beobachtungsplatz. Waren vor knapp zwei Wochen noch Venus und Merkur die Vorboten der Beobachtungsnacht, so gesellte sich diesmal eine schmale Mondsichel zur Venus, während Merkur hinter Wolken verborgen blieb. Auch hörte ich diesmal nicht Pink Floyd sondern genoß “Border Reiver” vom derzeit tourenden Mark Knopfler.
Aufgrund der Sichtverhältnisse begann der Abend zunächst mit Venus und Mond. Bei letzterem sprang ein Krater ins Auge, auf dessen hell erleuchtetem Kraterboden der Schatten des Zentralberges hervorsprang. Es folgten Mars und Saturn. Mars steht mittlerweile etwas näher an M44 als noch vor zwei Wochen. Je nachdem, wo man die Grenze des offenen Sternhaufens zieht, befindet sich Mars in M44.
Zunächst begann ich mit dem Sortiment (Bild). Die schwächste Galaxie tat sich schwer und kam kaum durch die Wolken durch – kein gutes Zeichen. Die auf dem Foto deutlich sichtbare Staubkante und der von der Mitte verschobene Kern waren jedoch sehr gut zu sehen (bereits mit 220x).
Nebenan klingelt das Handy eines Mitbeobachters. Auf der Gegenseite wird wohl gefragt, was wir gerade machen: “wir stochern im Hals des Löwen rum”. Nur Eingeweihte bekommen hierbei keinen Schrecken 🙂
M65, M66 und NGC 3628
Diese drei Galaxien im Löwen sind gern fotografierte Objekte und gehören sicherlich zu den meistfotografierten und meistgesehenen Galaxien überhaupt. Es fällt auf, dass sich NGC 3628 noch etwas schwer tut. Zwar ist sie sicher zu sehen, doch lässt sich das Staubband nur erahnen.
Noch ist nicht aller Nächte morgen!
Eines machte uns schaffen: ein scharfer, kalter Nordwind. Es blies zeitweise sehr heftig, wobei meine Vereinskollegen etwas tiefer im Windschatten eines Wäldchens standen. Doch der Wind hatte sein Gutes: die Wolken wurden vertrieben. Es wurde buchstäblich zusehends klarer. Und die lästigen Kondensstreifen von Flugzeugen würde es heute auch nicht geben!
NGC 5714
Also stieß ich tiefer in den Deep Sky vor. Zunächst die NGC 5714-Gruppe. Auf dem Weg zu ihr nehme ich noch schnell die PGC 52234 mit. NGC 5714 selbst ist eine passabel helle Galaxie in Kantenstellung. Gestern zeigte sie sich als leicht inhomogene Spindel von etwa 3′ Länge. In östlicher Verlängerung der Galaxie stehen ab knapp 6′ Abstand weitere Galaxien. An dieses musste ich etwas kämpfen, merkte aber, dass sie zunehmend leichter zu sehen waren. Unter anderem waren zu sehen: NGC 5717, NGC 5721 und NGC 5722, die allesamt etwa rund sind, heller zur Mitte werden und dabei einen flächigen Kern aufweisen. Zum Teil arbeite ich mit 400facher Vergrößerung, was angesichts der mittlerweile sehr guten Luftruhe kein Problem darstellt.
M53 und NGC 5053
Zwei dicht benachbarte Kugelhaufen, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten: M53 ist klein, sehr hell, kompakt und im 9er aufgelöst mit einem sehr dichten Kern. NGC 5053 erscheint hingegen völlig aufgelöst als leicht körnige Fläche, in der sichere Einzelsterne auszumachen sind. Zudem ist das Objekt richtig groß und füllt etwa das halbe Gesichtsfeld des 9er Naglers (ca. 20′).
M51
Der Himmel ist nun so gut, dass es mir bei diesem Objekt einen Moment die Sprache verschlägt. Was hier an Galaxienarmen und Knoten erscheint, lässt sich nicht mit wenigen Worten beschreiben. Letztlich kann man an diesem Objekt sicherlich mehrer Stunden verbringen!
NGC 5216 und NGC 5218 (Arp 104)
Dieses nette Galaxienpärchen ist ein Tipp aus dem VdS-Journal Nr. 33. Zwischen beiden Galaxien gibt es eine Materiebrücke, die auf lange belichteten Aufnahmen zu sehen ist. Im VdS-Journal ist eine Sichtung mit 16″ beschrieben, die ich nachvollziehen wollte. Kurz: es gelang nicht. Das bisschen mögliche Nebeligkeit bei schwacher Vergrößerung entpuppte sich bei höhere Vergößerung als eine Ansammlung von Vordergrundsternen. Die Galaxien selbst sind hübsch und wenigstens eine ist offensichtlich irregulär: NGC 5218 besitzt ein kastenartiges Aussehen. Wenn die Brücke zu sehen sein soll, muss der Abend sicherlich noch besser sein.
PK 208+33.1 = Abell 30
Vor zwei Wochen hatte ich ihn versucht und war gescheitert. Letztlich eine Art Anfängerfehler: da ich in den letzten Monaten sehr viele kleine, zum Teil stellare PN beobachtet hatte, hatte ich kürzlich reflexartig gleich die 140fache Vergrößerung benutzt. Und das verträgt dieser PN gar nicht. Im 22mm Okular, d.h. etwa 4 mm Austrittspupille und 96fache Vergrößerung mit [OIII]-Filter war der PN als große, unstrukturierte Fläche sicher zu halten. Dabei fand ich das Objekt sogar aus der Erinnerung heraus und konnte die Position nach der Beobachtung anhand einer Karte verifizieren.
M3
Ein kleiner Höhepunkt, gerade auch für die Neulinge am Beobachtungsabend. Wir hatten diesen Kugelsternhaufen zuvor in einem 120mm-Refraktor und 114mm-Newton beobachtet, durchaus schon mit Körnigkeit am Rand. Bei 200facher Vergrößerung im 16″er sieht das natürlich völlig anders aus …
NGC 4565
Den durchaus krönenden Abschluss bildete diese extrem bekannte Edge-On Galaxie in Coma Berenices. Im 9er Nagler bei 220x scheint sie fast das gesamte Gesichtsfeld zu durchmessen – was bei diesem Gesichtsfeld was heißen will! Die Staubbandkante stand wie gemeißelt im Bildfeld. Und noch wichtiger: jenseits des Staubbandes ist in nordöstlicher Richtung ein Teil des Galaxienzentrums in Form einer kleinen Haube zu erkennen. Dies spricht für die Himmelsqualität.
Anmerkung:
Zum Einsatz kam mein 16″ f/5 Dobson.